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18. Jahrgang 2021                                                                                       5



        Vom Märchenschloss zum Theater                                                   stens kommt wieder etwas richtig

                                                                                         Schönes, Altes auf den  Theater-
                                                                                         platz.  Aber  dass  ihr  mir  dann  ja
                                                                                         dafür sorgt, dass das Ding nicht
                                                                                         zu nahe an die Jesuitenkirche
                                                                                         herangeklotzt  wird!»  Apropos
                                                                                         Lichteinfall in die Jesuitenkirche,
                                                                                         sagt ein prominenter Alt-Luzer-
                                                                                         ner, der anonym bleiben will: «Zur
                                                                                         Andacht geht heute ohnehin nie-
                                                                                         mand mehr in die Kirche. Und für
                                                                                         die wenigen  Touristen, die nach
                                                                                         Corona noch kommen, reichen
                                                                                         zwei ausgediente Flutlichter von
                                                                                         der Swissporarena.»

                                                                                         94 Jahre gelagert
                                                                                         Was passiert mit der Nordfassade
                                                                                         des alten Luzerner  Theaters, die
                                                                                         der Eidgenössischen Denkmal-
                                                                                         pflege so sehr ans Herz gewachsen
                                                                                         ist? Die wird auf den Bahnhofplatz
                                                                                         verschoben und neben den alten
        Sensationelle Wende im Fall Neu-  ner  Theater. Auch Baudirektorin    präsidentin des Luzerner Theaters.   Bahnhof-Torbogen gestellt, als wei-
        bau Luzerner  Theater: Die Stadt   Manuela Jost atmet auf: «End-   «Da drin können wir uns so richtig   tere  Reverenz an  Alt-Luzern.  Für
        bricht den Architekturwettbewerb   lich mal ein Bauwerk, das sich   austoben.»   die Finanzierung der  Verschie-
        ab. «Soeben hat jemand ein Pro-  ohne Bearbeitung von x-tausend                  bungsaktion hat sich der in sol-
        jekt an uns herangetragen, das so   Zusatzgesuchen realisieren lässt.  Platz für 4500 Personen  chen Dingen erfahrene Jurist, Im-
        überzeugend  ist,  dass  wir  nicht   Da können meine Mitarbeiterin-  Platz genug bietet es auch. 4500   mobilienbesitzer und Kulturmäzen
        mehr weitersuchen müssen», sagt   nen und Mitarbeiter im Baudepar-  Personen drängten sich darin   Jost Schumacher anerboten.
        Beat Züsli, Stadtpräsident und   tement endlich ihre Überstunden   dereinst beim Schützenfest 1901.
        gleichzeitig Präsident der Projek-  abbauen, und ich habe wieder    Philipp Zingg,  Jaguar-, Töff-   Wo hat man die Bauteile des al-
        tierungsgesellschaft.      etwas mehr Zeit für das Yoga.»  und Segelbootfan und überaus   ten Märchenschlosses wiederent-
                                                              rühriger Präsident des Luzerner   deckt? Im Fliegerschuppen des
        So sieht‘s aus: Das heutige  Thea-  Tiefe Kosten      Theaterclubs, kommt darob ins   Lozärner Fasnachtskomitees auf
        tergebäude wird abgerissen. An   Ein  Vorteil sind auch die tiefen   Schwärmen und träumt von einer     der Allmend. Dort waren sie in
        seiner Stelle wird ein Gebäude   Kosten: Das Recycling des Altbaus   Grossinszenierung  von  Verdis  den letzten 94 Jahren ohne Wissen
        wieder auferstehen, das einst tout   ist ein Schnäppchen gegenüber   «Aida» mit Elefanten und Hunder-  der Stadt zwischengelagert. Dass
        le monde nach Luzern lockte, das   dem topmodernen 200-Millionen-   ten Komparsen im neuen Luzerner   einige Teile davon für die pracht-
        einstige Luzerner Kriegs- und Frie-  Franken-Bauwerk, das den  Thea-   Theater.  vollen  Wagen an den grossen
        densmuseum.                terleuten vorschwebte. Noch bes-                      Luzerner Fasnachtsumzügen der
                                   ser: Sein Wiederaufbau schafft in   Sogar  André Meyer, ehemaliger   letzten  Jahre  zweckentfremdet
        Wie ein Märchenschloss stand    schwierigen Zeiten Kurzarbeits-  kantonaler Denkmalpfleger  und   wurden, will LFK-Mediensprecher
        dieses gewaltige Gebäude von    plätze für eine der am ärgsten ge-  standhafter Hüter städtebaulicher   Peti Federer weder bestätigen
        1901 bis 1931 auf dem heutigen    beutelten Branchen, die Kulissen-  Konstanz, ist versöhnlich: «Wenig-   noch dementieren.
        Europaplatz, wo jetzt das KKL   bauer, die an der malerischen Burg
        thront.  Sein  Vorteil: Es ist eine    herumwerkeln können.
        einfache Holz-Eisen-Konstruktion,
        die sich problemlos wiederauf-  Das Gebäude wurde 1901 als
        bauen lässt. Und: Man kann sie    Festhütte für das Eidgenössische
        auf den Boden hinstellen, ohne   Schützenfest  errichtet. Während
        gross zu graben. «Da hat man   des Ersten Weltkriegs diente es als
        sich schon mal die  Wasserschüt-  Lebensmittellager, dann wurde es
        zer aus Bern vom Hals geschafft,   zum Museum, später zum Roller-
        diese ewigen Nörgeler, die einem    palast. Fest,  Essen, Kultur, Spass:
        das Bauen am Fluss oder See   Ingredienzien, die das Gebäude für
        mit allen Mitteln vergällen wol-  ein Theaterhaus geradezu prädes-
        len», sagt  Rosie Bitterli, Pro-  tinieren. «Fantastisch», sagt Birgit
        jektleiterin für das neue Luzer-   Aufterbeck Sieber, Stiftungsrats-
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